Krumme Lanke
An der Krummen kenne ich jede Wurzel noch von früher, behaupte ich vollmundig und stelle fest: heute ist es wie auf dem Kudamm hier, nicht mehr nur die üblichen Verdächtigen, sondern viele zur Hauptstadt Zugezogene tummeln sich nun an meinem See! Und obwohl dieser Neujahrs-Spaziergang um die Krumme Lanke ganz offensichtlich nicht mehr nur zu meinen Lieblingsaktivitäten gehört, gebe ich mich der heilenden Wirkung der Natur hin und lasse die Gedanken fließen.
Der Geruch von Berlin
Hätte ich in in den vier Jahren, die ich in Ekuador lebte, nichts sehnlicher vermisst, als den Geruch von Berlin, ich würde nicht glauben, dass es so etwas wie den Duft von Heimat geben kann. Kiefernwälder wiegen ihre Wipfel knarzend im Wind und duften herrlich nach Harz dabei! Stolpere ich über eine Birkenwurzel im Grunewald, merke ich sie mir fürs nächste Mal und sauge den Geruch der Blätter ein, die ich beim Sturz in einen Strauch knicke. Nasses Laub auf sandigem Boden und Bürgersteigen riecht bitter-gegoren, als würden Pilze sprießen. Wenn ich begeistert die bröckelnden Fassaden der Goethestrasse betrachte, vermischt sich die einzigartige Berliner Winterluft mit den beißenden Ausdünstungen der Ofenheizungen. Und dann, nach dem obligatorischem Tritt meiner Kinderfüße in einen Hundehaufen, ist auch hier die olfaktorische Wirkung inklusive und man fragt sich, wie kann man das vermissen? Man kann, vielleicht nur muss man dafür weg gewesen sein.
Rio Napo
Heute wiederum vermisse ich, und das mag seltsam klingen, den beißend- süßlichen Geruch der Märkte Ekuadors, auf denen allzu reife Früchte zu gären beginnen und am Haken hängende Fleischstücken den Fliegen ein Freudenfraß sind. Ich vermisse den Duft der Chicha, einer Art Yucca-Bier, das nach mit Schnaps versetztem Yoghurt riecht. Es wird in einer schüsselartigen Tasse reihum gereicht, während wir unter dem Strohdach auf dem Bambusboden eines Pfahlbaus sitzen und draußen im Dunkeln der Rio Napo gewaltig und träge durch sein Flußbett drängt. Wann nur werde ich in meinem Leben je wieder den schweren Duft der rosanen Blüten riesiger Bäume wittern, während ich mich im Glanz des Sternenmeeres über dem Urwald verliere und überlege, was uns die Reise im Kanu am nächsten Tag wohl bringen wird?
Keine Ahnung, und überhaupt, wer weiss, wieviele Urwaldriesen noch stehen? sage ich zu mir und versuche, den Gedanken zu verdrängen, aber er bleibt: Mensch, jetzt bin ich extra hergekommen und der Blues geht doch nicht weg? Leere…..
Spaziergänger Nr. 2, 2018 @Maja Peltzer
Geschichte
Warum eigentlich bin ich noch hier? Na ich glaube, für Berlin habe ich mich entschieden! – Nicht, weil meine Urgroßmutter auf dem staubigen Ku’damm ihre Röcke raffte, um den Kaiser zu sehen. – Nicht, weil meine Mutter als Kind 1943 ausgebombt wurde und mit ihrer Familie auf dem Land Schutz vor dem Krieg suchte, nicht weil mein Vater mit uns nach Berlin kam, weil er keinen Wehrdienst leisten wollte, nicht weil ich regelmäßig mit meinem Fahrrad an der Mauer entlang von Charlottenburg nach Kreuzberg fuhr? Nein, ich bin noch hier, weil Berlin nach meiner Kindheit riecht.
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