Meine französische Kollegin kommt aus Paris. Den ersten Arbeitstag nach den Attentaten trug sie einen schwarzen Pullover mit bunten Lurexfädchen. Sie hatte einen Cousin verloren und kam trotzdem zur Arbeit, glitzernd und scheinbar piksend, wie eine Mischung aus Weihnachtsbaum und Stahlwolle. Das fand ich so beeindruckend, dass ich mir den Pullover auch kaufte.
Ich zog ihn zu dem nächsten Anlass, der sich bot, an: dem alljährlichen Wichteln in unserem Freundeskreis. Die Reaktionen waren gemischt, einige erfreuten sich am Lametta, meinten sie hätten sich auch was Glitzerndes besorgt, andere fragten nur: „kratzt das nicht?“. Wieder andere meinten, ich könne am späten Abend dann ja auch noch die Pfannen mit dem Ding schrubben. Als ich die Geschichte zu dem Pullover erzählte, war nachdenkliches, ratloses Schweigen.
Aber dabei blieb es nicht. Obwohl oder gerade weil Paris uns auf die Seele drückte, ging der Abend lang. Essen, Trinken, unmögliche Gegenstände auspacken und tauschen, sich über guten Geschmack amüsieren, (nicht nur) Berliner Geschichten erzählen, kleine Kinder ins Bett bringen, Tanzen und anderer Quatsch folgte.
Das beliebteste Tauschobjekt war diesmal eine mit Stoffblumen besetzte Handtasche, auf die zugleich drei Frauen Rechte anmeldeten und sich schließlich auf Sharing einigten.
Mir ging das Metallische in dem Pullover nach. Er sieht hart aus und man könnte meinen, er schütze einen, so wie den Igel seine Stacheln. Dabei ist er ganz weich! Ist diese Irritation von Hart und Weich, von sich Wärmen und sich Schützen, von sich Schmücken und sich Rüsten womöglich Ausdruck eines Widerstands, mit dem wir es in Zukunft häufiger zu tun haben werden?
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