Die Einzelteile der Liebe

Nur davon zu erzählen, wie eine Beziehung richtig funktioniert, ist doch langweilig, sagt Miriam Bliese, Drehbuchautorin und Regisseurin von Die Einzelteile der Liebe. Und tatsächlich kann sich der Kinobesucher gleich mit der ersten Szene die Hoffnung auf einen Film über harmonische Beziehungen abschminken, denn hier holt der Mann das willige Kind samt Legokiste aus dem Haus der Frau, springt mit ihm in den laufenden Wagen und beide düsen unter den wüsten Beschimpfungen der aus dem Haus stürzenden Frau davon.

Filmkulisse von „Die Einzelteile der Liebe“. „Zeilen“-Hochhaus, Architekt: Pierre Vago, Hansaviertel in Berlin-Tiergarten, Digitale Fotografie: Maja Peltzer

Einzelteile

Doch dann erzählt der Film in diesen ersten Schreck hinein von den Liebeswirren eines Paares mit Kind. Das wunderbare Spiel des Darsteller-Teams Birte Schnöink (Mutter Sophie), Ole Lagerpusch (Adoptivvater Georg) und Justus Fischer (Sohn Jakob) nimmt einen mit aus dem Heute in Rückblicke, die so intim wirken wie Erinnerungen. Langsam und in Einzelteilen, in Versatzstücken ohne zeitliche Linearität, erzählt sich diese Geschichte einer Trennung in mal zarter und komischer, mal grober und unbeholfen wirkender Sprache. Es bleibt jede Menge Spielraum zwischen den Zeilen und ob das Paar seine gemeinsame Sprache wieder findet oder ob Liebe gar kaum der Worte bedarf, sind offene Fragen, die wie ein leises Sehnen den ganzen Film durchziehen.

Filmkulisse von „Die Einzelteile der Liebe“. Foyer mit Rampe im „Zeilen“-Hochhaus, Architekt: Pierre Vago, Hansaviertel in Berlin-Tiergarten, Digitale Fotografie: Maja Peltzer

Moderne Kulisse, postmoderne Menschen

Eingefangen wird die so entstehende Spannung vor dem Hauseingang eines modernen Baus aus den 1957er Jahren, einem Ort, wie er überall in der Welt zu finden wäre. Erst nach langem Suchen bekamen Bliese und ihr Team die Drehgenehmigung für den Hintereingang des „Zeilen“-Hochhauses im Berliner Hansaviertel, den sie mit Klingelanlage, Briefkästen und Hausnummer zum Vordereingang umgestalteten. Ein Glück, denn Tür, Rampe und Foyer bieten die perfekte Rahmung für dieses Kammerspiel über postmoderne Menschen, die schließlich dazu übergehen, herrlich kitschige Schnulzen zu singen. Kultverdächtig! Unbedingt anschauen!

Filmkulisse von „Die Einzelteile der Liebe“. Hintereingang, „Zeilen“-Hochhaus, Architekt: Pierre Vago, Hansaviertel in Berlin-Tiergarten, Digitale Fotografie: Maja Peltzer

Ich bin eine postmoderne Autorin und Fotografin. Manche meiner Arbeiten sind tagebuchartig und ich setze sie im Web als Logbuch-Einträge frei. Luft und Liebe tragen mich, für die Zeit zum Recherchieren, Schreiben und Fotografieren jedoch brauche ich Geld – und Du kannst mich unterstützen! Hier findest Du wie!

Berlinale Nighttalk mit Regisseurin Miriam Bliese und Ole Lagerpusch über „Die Einzelteile der Liebe“ auf Youtube vom 12.02.2019.

Familie ohne Anleitung, ein Artikel von Esther Buss, 22.8.19, Tagesspiegel.