Das Füllhorn-Prinzip

Füllhorn mit Biß © Maja Peltzer

Füllhorn mit Biß © Maja Peltzer

Mit großem Vergnügen lese ich Susanne Kippenbergers Buch über die kulinarische Bohème. Ihre Sätze sind so schön ineinander verschachtelt. Es ist, als würde ein geschwätziger Winzling die ganze Zeit ihre Hintergedanken nach vorne schieben. Gespickt mit zahlreichen Informationen, berichten ihre Portraits davon, wer etwas vom guten Essen versteht und wer sich in der Szene bestens auskennt. In nach Köchen, Kochbuchautoren und Kritikern unterteilten Kapiteln verfasst, hat das Buch so auch das Potenzial einer kleinen Kulturgeschichte der Kulinarik.

Anbeißen

 

Kippenberger erzählt mit verspielter Lässigkeit und man hat das Gefühl, sie würde dabei verschmitztet lächeln, zwischendurch ein Stück Käse essen und ein Gläschen Wein trinken. Ihre Texte quellen lustvoll über, sie sind nach dem Füllhorn-Prinzip gestaltet und man beißt einfach an. Alles ist so fein recherchiert, dass jeder, der des Genießens mächtig ist, Anknüpfungspunkte findet.

Das Jenseitige im Rebhuhnflügel

 

Leben heißt Essen ist so auch gleich der Titel des ersten Kapitels, mit dem sich Kippenberger selbst vorstellt und eines vorweg nimmt: ihre Liebe zur englischsprachigen Welt. Fontane, der einst in England als Journalist arbeitete, nennt sie ihren Retter. Mit ihm teilt sie die Aufassung, dass im Essen die ganze Welt steckt: in einem Kerbelsuppentopf eine Jugend und im Rebhuhnflügel etwas Jenseitiges, dass uns trägt und hebt, wie es im Stechlin heißt. Und ihr gefällt die Leichtigkeit, der Humor und die Selbstironie, die er aus England mitbrachte und die ihn vor Sentimentalität selbst in seinen traurigsten Büchern schützten. In den nun folgenden Kapiteln, stellt Kippenberger bereits im Titel die Frage danach, wie es denn dem und dem zu beweisen gelang, dass die Verpflegungsfrage für den Kulturmenschen eigentlich das Wichtigste ist.

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I♥︎NY

 

Besonders verliebt habe ich mich (ein paar Portraits habe ich glücklicherweise noch vor mir) in das Kapitel mit dem Titel Wie der Designer Milton Glaser mit seinem Underground-Gourmet-Führer zeigte, dass gutes Essen nicht teuer sein muss. Hier beschreibt Kippenberger das New York der 60er-Jahre, das heruntergekommen, pleite und kriminell war. Mit dem Logo I♥︎NY gab Glaser sein Statement zur Stadt ab und blieb ihr nicht nur treu, sondern zeigte darüber hinaus mit seinem Restaurantführer, was echte Lebenskunst ist. Mit einem weiteren herrlichen Logo auf dem Deckel eröffnete das Buch auch den Zögerlichen und den Zimperlichen die variantenreiche internationale Küche New Yorks. Kein Gericht kostete dabei mehr als 2$. Kippenberger fängt das subversive Flair der rauhen Stadt ein und ruft nebenbei die zu Ikonen der Zeit gewordenen, von Glaser entworfenen Plattencover und Signets im Bildergedächtnis der Leser wach. Immer auf das Schmecken und Genießen bezogen, zeigt Kippenberger, dass Portraits von Kulinarikern auch Portraits ihrer Zeit und Schreiben über leibliche auch literarische Genüsse sind. Unbedingt lesen!

Susanne Kippenberger, 2012, Am Tisch, Die kulinarische Bohème oder Die Entdeckung der Lebenslust, Berlin Verlag, Taschenbuch, 8,99€.

Milton Glaser/Jerome Snyder, 1967, The Underground-Gourmet, Where to find great meals in New York for less than $2 and as little as 50c, New York.

P.S. Wundert es dich, dass der Fisch auf dem Foto zu diesem Artikel in eine überreife Banane beißt? Wir reifen die Bananen so lange, bis sie schwarz sind, weil sie dann zu Bananenbrot verarbeitet werden können. Das Rezept haben wir aus Baking Illustrated, Seite 24.

 

 

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